Jacint Verdaguer
Jacint Verdaguer (1845-1902) war ein katalanischer Dichter, dessen Werk der Höhepunkt der Wiederbelebung der katalanischen Sprache und Kultur, der sogenannten Renaixença (zu dt. Katalanische Renaissance) darstellt und somit ein wichtiges Forschungsobjekt in der Katalanistik ist. Die Renaixença lässt sich als eine romantische Bewegung des späten 19. Jahrhunderts beschreiben, welche aus sprachlicher Sicht die katalanische Sprache des Mittelalters und die katalanische Literatur wiederbelebte und deren Integration in die europäische Literatur jener Zeit anstrebte.
Prof. Dr. Roger Friedlein vom Romanischen Seminar der Fakultät für Philologie der RUB veröffentlichte in mehreren Publikationen Beiträge über das Werk Jacint Verdaguers, von denen die beiden aktuellsten im Folgenden kurz aufgeführt werden.
In dem Band El yo en la epopeya. Nuevos espacios de subjetividad en la poesía épica ibérica y latinoamericana aus dem Jahr 2019 finden wir Friedleins Beitrag Autoestilización en la poesía épica medievalista. Joaquim Rubió i Ors: Roudor del Llobregat (1841) y Jacint Verdaguer: Canigó (1886). Der Artikel behandelt Rubió i Ors‘ Werk Roudor del Llobregat und Verdaguers Canigó, und widmet sich der Frage, wie sich ein nicht-mittelalterliches Ich selbst stilisiert, obwohl es keine Erzählerstimme im Gedicht gibt.
Des Weiteren veröffentlichte er im Jahr 2020 in der 31. monothematischen Ausgabe der Zeitschrift metaphorik.de den Artikel Der Untergang von Atlantis als Ursprungsmythos der Dichtung: die Sinnzuweisung an die Katastrophe in Jacint Verdaguers L’Atlàntida (1886), welcher eines der wichtigsten Werke Verdaguers behandelt: L’Atlàntida führte im Rahmen der Renaixença zur Rückkehr der katalanischen Sprache in den Kreis der Sprachen für gelehrte Literatur. Im Zentrum des Gedichts steht eine Neuerzählung des platonischen Atlantismythos aus hispanischer Sicht. Friedlein untersucht diesbezüglich, wie L’Atlàntida den Mythos ästhetisiert und behandelt darüber hinaus die Autoreflexivität jenes Gedichts.
Kongress Kulturen im Kontakt/Cultures en contacte an der RUB (2014) – Die Katalanen und Lateinamerika und Herausbildung, Ordnung und Überlieferung von Wissen in Mittelalter und Renaissance
Im September 2014 fand an der Ruhr-Universität Bochum der 24. Katalanistentag statt, welcher unter anderem vom Deutschen Katalanistenverband und vom Institut Ramon Llull organisiert wurde. Im Rahmen des Themas Kulturen im Kontakt/Cultures en contacte wurden verschiedene Sektionen diesbezüglich behandelt.
Die Sektion Die Katalanen und Lateinamerika untersuchte den Kulturkontakt zwischen Katalanen und Lateinamerikanern seit der Eroberung Lateinamerikas bis ins 20. Jahrhundert aus textwissenschaftlicher Perspektive, insbesondere die literarische und journalistische Tätigkeit katalanischer Exilanten im letzten Jahrhundert. Es wurden unter anderem die beiden katalanischsprachigen Zeitschriften Catalunya und Ressorgiment aus Buenos Aires vorgestellt (Montserrat Bacardí, Barcelona), die insbesondere zur Zeit des Franquismus ein wichtiges Sprachrohr exilierter Schriftsteller und Übersetzer waren. Des Weiteren wurde die Übersetzungs- und Rezeptionsgeschichte des Theaterstücks Misterio de Quanaxhuata von Josep Carner untersucht (Eusebi Coromina Pou, Vic), das der Autor erst acht Jahre nach der Verfassung des Werks auf Spanisch ins Katalanische übersetzte und dafür Kritik anderer katalanischer Intellektueller erhielt.
Im Rahmen der Sektion wurden darüber hinaus noch viele weitere literarische, nicht-literarische, fiktionale und faktuale Texte betrachtet.
Aus der Sektion ist die Publikation Els catalans i Llatinoamèrica (s. XIX i XX). Viatges, exilis i teories (2017) von Corinna Albert, Rodger Friedlein und Imma Martí Esteve hervorgegangen.
Die Sektion Herausbildung, Ordnung und Überlieferung von Wissen in Mittelalter und Renaissance unter der Leitung von Isabel Müller (Bochum) und Frank Savelsberg (Göttingen) behandelte den Kontakt unterschiedlicher Wissens- und Textkulturen, insbesondere den Übergang von einer lateinischen zu einer volkssprachlichen Wissenskultur, der ab dem Ende des 13. Jahrhunderts stattgefunden hat und sich auch als ‚Popularisierung‘ des Wissens beschreiben lässt, und dessen Auswirkungen auf Sprache und Formen der Wissensvermittlung. Es wurde unter anderem die Übersetzung von medizinischen Wissenstexten behandelt, die diese von da an auch Laien zugänglich machte. Der Block der Untersuchung des philosophisch-theologischen Wissens beschäftigte sich vor allem mit mehreren Texten Ramon Llulls und dessen Wissensvermittlungsstrategien. Josep Solervicens (Barcelona) befasste sich dagegen mit poetologischem Wissen und legte dar, dass bei der Rezeption Ausiàs Marchs in der Renaissance italienische Modelle an Bedeutung gewannen.
Aus der Sektion ist die Publikation Formació, organització i transmissió del saber a l’Edat mitjana i al Renaixement (2020) von Isabel Müller und Frank Savelsberg hervorgegangen, welche im Rahmen der Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie erschienen ist.
Durch die diverse Auswahl und Behandlung verschiedener Themen hat der 24. Katalanistentag wichtige Beiträge zum Wissen sowohl über den katalanisch-lateinamerikanischen als auch über den katalanisch-deutschen Kulturkontakt (siehe Sektion Kontrastive Phraseologie im Bereich Sprachwissenschaft) geleistet und darüber hinaus tiefgehende Informationen über den Kontakt unterschiedlicher Wissens- und Textkulturen und die stattgefundenen Veränderungen in der Übermittlung von Wissen im Mittelalter und in der Renaissance dargelegt.
Weitere Informationen über das Event können Sie dem Tagungsbericht von Annett Azbel, Julian Brock, Jenny Brumme und Sarah Gemicioglu entnehmen, der in der 28. Ausgabe der Zeitschrift für Katalanistik (2015) erschienen ist (Bereich Dokumentationen).